Im Wald des bunten Drachens

Seit mein Vater mir in meiner Kindheit Geschichten vom ausgestorbenen Tasmanischen Beutelwolf und anderen schrägen Lebensformen auf der anderen Seite der Erde erzählte, ist der Name dieser fantastischen Insel tief in meinem Unterbewusstsein verankert und erweckt bei bloßer Erwähnung das Gefühl einer Expedition ins Niemandsland, von Abenteuer und undurchdringlicher Wildnis. Und von einem Spaziergang durch den Dschungel im Meer.

Wissenschaftliche Fakten versagen, wenn ich beschreiben soll, wie sich ein Tauchgang in diesem Urwald anfühlt. Wir Taucher sind häufig nur ‚Überflieger‘, schwimmen über oder neben einem Korallenriff, hangeln uns entlang des See- oder Meeresbodens oder vertreiben uns die Zeit nach einem Wracktauchgang im Blauwasser mit endlosen Dekostopps. Ein Riesenkelpwald ist für mich Genuss von Anfang bis zum Ende des Tauchgangs, pure Faszination vom Abtauchen bis zur Rückkehr an die Wasseroberfläche. Denn es gibt andauernd und in jeder Wassertiefe etwas zu bestaunen, Langusten zwischen den Wurzeln des Kelps, fetzige Fische beim Versteckspiel, Nacktschnecken auf den Blättern der Pflanze und winzige Quallenpolypen an den jungen Trieben im sonnendurchfluteten Oberflächenwasser. Ein Freiflug durch den abgetauchten Botanischen Garten des Zauberers von Oz. Auf Steroiden.

Diese fantastische Wunderwelt ist leider einem starken Wandel unterzogen. Durch den Klimawandel haben sich bestimmte Meeresströmungen verändert und die Wassertemperatur vor der Ostküste der Insel stark erhöht. Die Ökologie des Meeres und die Bedrohung seiner Lebensräume wird vor der Küste von Tasmanien mit aller Konsequenz deutlich: Globale Umwälzungen sind die Folge unseres Handelns, physikalische Faktoren beeinflussen ganze Biotope und wenige eingewanderte Arten können innerhalb kurzer Zeit Tiere und Pflanzen verdrängen, die an dieser Stelle zwar über Jahrtausende gelebt haben, sich aber jetzt nicht an die raschen Veränderungen anpassen können.

Kelp and Dragons

Since as a child my father told me stories about extinct Tasmanian and other strange lifeforms on the other side of the world, the name of this fantastic island has been deeply anchored in my subconscious and at its mere mention awakens feelings of an expedition to nowhere, of adventure and an impenetrable wilderness. And of a walk through the jungle in the sea.

Scientific facts prove inadequate to describe what a dive in this rainforest feels like. We divers often only swim over or along a coral reef, crawl across the lake- or seabed or spend our time after a wreck dive in blue (or green) water with endless decompression stops. For me, a giant kelp forest is a pleasure from beginning to end, the pure fascination of diving until the return to the surface. For there is always and at any depth something to admire - crayfish between the kelp roots, peppy fish playing hide and seek, slugs on plants and tiny jellyfish polyps on the young leaves near the sun-drenched surface. A flight through the submerged Botanical Garden of the Wizard of Oz. On steroids!

This fascinating wonderworld has unfortunately been undergoing a drastic change. Due to global warming certain sea currents have changed and the water temperature of the east coast of the island has increased significantly. The ecology of the sea and the threat to the environment directly off the coast of Tasmania is becoming clear with all its consequences: global changes are the consequences of our actions, physical factors influence whole biotopes and within a short space of time invasive species can force out animals and plants which have lived there for thousands of years but which cannot adapt quickly enough to the rapid changes.