Fasst den Palmendieb!

Rima Rau bedeutet im Dialekt der Cook Inseln 'Fünfhundert'. Und tatsächlich sollen einmal die Überreste von genauso vielen Menschen in der winzigen Grabhöhle gelegen haben, deren senkrechter Eingang gerade groß genug ist, um mich hindurchzudrücken. Wer die Toten genau waren, wie lange die Gebeine hier schon liegen und ob sie durch Krankheit, Krieg oder natürliche Ursachen gestorben sind, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit sagen. Auf der winzigen Insel Atiu im Südpazifik scheint die Zeit stillzustehen, während gleichzeitig das Wissen um die Vergangenheit mit den wegziehenden Menschen schwindet.

Die wuchernde Natur überwächst brüchige Hauswände, Pfade durch den dichten Dschungel verschwimmen im Zwielicht dampfender Baumwurzeln und rissiger Schlingpflanzen. Die gesamte Insel ist von der 'Makatea' umgeben, einem Steinwall eines trockengefallenen Korallenriffs. Die messerscharfen Kalksteinkanten machen das Vorankommen beschwerlich, dicke Schuhsohlen und Handschuhe sorgen für einen trügerischen Schutz.

In der Kopeka-Höhle stolpere ich über einen ursprünglichen Bewohner der Insel: Ein Palmendieb erfrischt sich an einer der wenigen Wasserlöcher. Der größte an Land lebende Krebs der Erde stellt leider für viele Bewohner der Cook Inseln eine Delikatesse dar und kommt nur noch auf den Inseln vor, auf denen wenige Menschen wohnen. Oder auf denen das Nagelbrett der Makatea weite Teile einer Insel wie hier auf Atiu unzugänglich macht und für den geschickten Krabbler und Kletterer ideale Lebensbedingungen schafft.

Cook and Coconut

Rima Rau means ‘five hundred’ in the dialect of the Cook Islands. And indeed the remains of this number of people are supposed to be buried in the tiny cave grave whose vertical entrance is just large enough for me to squeeze through. Who these deceased were, how long the bones have been here and whether they died due to illness, war or natural causes, can not be told for sure. On the tiny island of Atiu in the South Pacific, time seems to stand still while knowledge of the past simultaneously disappears with the exodus of the people.

Violent nature grows over fractured house walls, paths swim through the thick jungle in the twilight of steaming tree roots and cracked clinging vines. The whole island is surrounded by the 'Makatea', a stone wall of dead, lifted coral reefs which were once submerged. The razor-sharp limestone makes progress difficult, thick shoe soles and gloves give a deceptive sense of protection.

In the Kopeka cave I come across an original inhabitant of the island: a Coconut crab is refreshing itself at one of the few watering holes. The largest of Earth’s land crabs is unfortunately a delicacy for the people of the Cook Islands and only inhabits those islands where few humans live. Or those where the nailboard of the Makatea makes other parts of an island inaccessible as here on Atiu and creates the ideal living conditions for the beautiful crawlers and climbers.